Turandots Blog

10.09.2015
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Unterschied Hauttyp - Hautzustand

In meiner Zeit als Parfumerieverkäuferin hatte ich natürlich nicht nur Duftkundinnen, sondern auch Damen - und vermehrt auch Herren, die eine Beratung zur Pflege wünschten. Dabei musste ich immer mal wieder eine Vorstellung zurecht rücken, die in Bezug auf Pflege Erwartungshaltungen erzeugt, die unerfüllt bleiben müssen. Die Kosmetikindustrie ist daran nicht unschuldig und immer wieder ärgerte ich mich über blumige Produktbeschreibungen, bzw. Versprechen von Firmen, die die Pflege ganz einfach nicht erfüllen kann. Vor allem, wenn sie darauf abzielt, dass sich die Kundin ein Produkt selbst aus dem Regal nehmen soll.

Eine meiner ersten Fragen an die Kundin war oft: Wie empfinden Sie ihre Haut, oder, was haben Sie zuletzt verwendet? Und diese Frage zielt nicht darauf ab, herauszufinden, wieviel die Kundin zu bezahlen bereit ist, sondern damit ich mir ein Bild von ihrem Hautzustand machen kann. Andere Damen erzählten mir sofort, dass sie so eine trockene Haut hätten, das Spannungsgefühl möchten sie los werden und wieder andere fragten nach Serien gegen Akne, da sie der monatliche Pickel am Kinn oder sichtbare Mitesser an der Nase störten. Bei vielen sah ich auf den ersten Blick, dass hier mal wieder Hauttyp und Hautzustand verwechselt werden. Greift so jemand - von der Werbung dazu animiert - ins Regal, dann muss das daneben gehen. Das Resultat sind dann Aussagen wie - ist alles nur Geldmacherei, hilft ja sowieso nicht usw. Ich muss zugeben, es wundert mich nicht, dass die Kosmetikbranche mit ihrem riesigen Sortiment und ihren blumigen Marketingauftritten manchmal schon fast unglaubwürdig wirkt, was überhaupt nicht nötig wäre.

Deshalb mal ein bisschen Hintergrundwissen:

Hauttypen:

Der Hauttyp ist angeboren und kann mit keiner Pflege der Welt geändert werden. Wir können einer Talgdrüse nicht beibringen, mehr Fett zu produzieren und umgekehrt. Wir können beim Hauttyp nur die Symptome behandeln.

Trocken, das heisst fettarme Haut. Sie ist matt, man sieht keine(!) Hautschüppchen und auch keine vergrößerten Poren. Sie neigt zu Spannungsgefühl und ist anfällig für empfindliche Reaktionen wie Rötungen. Das muss aber nicht zwangsläufig so sein.

Ölige oder fettige Haut. Sie ist meist blasser als die normale oder trockene Haut, da sich die Hornschicht langsamer abschilfert und dadurch dicker ist. Vergrößerte Poren sind sichtbar, nicht nur in der T-Zone und sie neigt zu Mitessern. Sie produziert mehr Fett als benötigt, um die Hornschicht auf natürliche Weise zu pflegen. Oft ist es aber nicht die Menge des Hautfetts, das die Probleme verursacht, sondern dessen Konsistenz. Ist das Hautfett zu dickflüssig, so liegt es als glänzender Film auf der Hautoberfläche, wogegen die Hornschicht selbst darunter trocken bleibt. Das ist auch der Grund, warum viele Damen selbst bei vergrößerten Poren vermuten, eine trockene Haut zu haben.

Die Mischhaut vereinigt beide Hautbilder in einem Gesicht. Die T-Zone (Stirn, Nase, Kinn) ist oft fettig, während die Seiten trocken sind. Allerdings ist dieses Phänomen in milder Form das Zeichen für die...

...normale Haut. Keine Haut ist von der Nasenspitze bis zu den Ohren gleich trocken oder gleich fettig. Die Haut wirkt im Gesamtbild seidig mit einem matten Schimmer. Meist jedoch hat auch die normale Haut, die Traumhaut, die sich jeder wünscht ein paar Schwachstellen, zumindest zeitlich begrenzt.

Mehr Hauttypen in puncto Fettproduktion gibt es nicht und wir werden aus keiner trockenen Haut eine normale oder fettige machen können oder umgekehrt. Das ist Veranlagung wie Haarfarbe oder Augenfarbe. Alle echten Hautprobleme liegen auch meist nicht am Hauttyp, sondern am Hautzustand. Die Bezeichnung von Hauttypen in puncto Sonnenempfindlichkeit hat nur mit dem UV-Index und entsprechenden Sonnenschutzfaktoren zu tun und nicht mit der normalen Pflege. Auch das sollte nicht verwechselt werden.


Hautzustände:

Der Hautzustand ist durch negative innere oder äussere Einflüsse entstanden und kann durch entsprechende positive innere oder äußere Einflüsse auch wieder behoben werden. Das kann die Kosmetik wirklich, sobald man die Ursache für einen bestimmten Hautzustand gefunden hat. Zu den Hautzuständen gehören:

Die feuchtigkeitsarme Haut. Sie zeigt sichtbare Hautschüppchen und ein unangenehmes Spannungsgefühl. Auf den Wangen sieht man pergamentartige Knitterfältchen, die nichts mit dem Alter zu tun haben und schon bei sehr jungen Frauen auftauchen können, sobald man die Haut ein bisschen zusammenschiebt. Sie entsteht meist durch trockene Heizungsluft und Klimaanlagen, zu häufiges Peeling, zu viel Sonne, und nicht zu vergessen durch zu wenig Trinken. Dieser Hautzustand zeigt sich auch fast immer bei einer unzureichend gepflegten trockenen Haut, da diese schneller abschilfert, damit eine dünnere Hornschicht hat und weniger Feuchtigkeit speichern kann.

Unreine Haut. Damit meine ich nicht die Akne. Das ist ein medizinisches und kein kosmetisches Problem. Normale Pickel entstehen meist durch innere Einflüsse. Das können hormonelle Schwankungen sein, wie sie im normalen Leben jeder Frau auftauchen. Wir kennen wohl alle die verflixten Monatspickel. Ausserdem kann die Pille Hautunreinheiten hervorrufen, aber sie auch günstig beeinflussen, je nach Hormonstatus. Schwangerschaft und Stillzeit, sowie anschließend die Umstellung des Körpers auf Normalzustand können auch Auslöser sein und nicht zuletzt die Wechseljahre können uns noch einmal einen Schub bescheren. Doch nicht nur die Hormone können Unreinheiten auslösen. Gerade Pickel am Kinn können ein Hinweis auf Verdauungsstörungen sein. Die Haut ist wie Nieren und Darm ein Ausscheidungsorgan und reagiert auch entsprechend.

Empfindliche Haut. Es gibt wenige Menschen, die schon mit einer empfindlichen Haut zur Welt kommen. Es sei denn, sie neigen zu Neurodermitis oder anderen Krankheitsbildern. Das ist dann aber eben kein Hauttyp, sondern ein durch die Krankheit verursachter Hautzustand. Die empflindliche Haut reagiert mit Rötungen auf Stress, auf mechanische Einflüsse und ist auch besonders vor Sonneneinstrahlung zu schützen. Da die Haut nicht umsonst als Spiegel der Seele bezeichnet wird, finden wir empfindliche Haut auch häufig bei besonders sensitiven Menschen. Das bedeutet aber nicht, dass jeder, der keine empfindliche Haut hat, deshalb mit einem "dicken Fell" versehen ist. Nicht selten ist der Auslöser für eine empfindliche Haut auch schlicht und ergreifend die falsche Pflege. Wenn ich z.B. einer fettigen Haut mit zu agressiven Reinigungsmitteln zu Leibe rücke, entferne ich den hauteigenen Schutzmechanismus der Haut und sie reagiert darauf natürlich mit Rötungen, Brennen, Jucken usw.

Vorzeitig gealterte Haut. Hier liegt die Betonung auf vorzeitig. Die normale Hautalterung lässt sich mit keiner Creme der Welt verhindern, höchstens verlangsamen. Ich müsste mit meinen 67 Jahren ja sonst faltenfrei sein, denn ich pflege meine Haut seit ich 16 bin. Meist liegt der vorzeitig gealterten Haut eine Belastung zugrunde, die sowohl körperlicher, als auch psychischer Art sein kann. Eine schwere Krankheit, eine Trennung, ein Trauerfall, Stress im Beruf und ähnliches lassen uns "alt" aussehen. Aber auch zu intensive Sonnenbestrahlung und ganz oft zu häufige Besuche im Solarium lassen die Haut vorzeitig altern. Sie verliert an Spannkraft, wirkt müde. Normale Mimikfalten, die jedes Gesicht normalerweise lebendig machen und auch in jungen Jahren normal sind, wirken tiefer eingegraben. Die Haut ist schlecht durchblutet, damit schlechter von innen genährt und das sieht man ihr an. Nicht umsonst wirken wir nach einem erholsamen Urlaub frischer, jünger, gesünder.

Leider kann jeder Hauttyp jeden Hautzustand bekommen. Das macht es so schwierig, das richtige Produkt für ein Problem zu bekommen. Die fettige Haut mit Feuchtigkeitsmangel ist so ein Beispiel. Die Haut ist großporig, man sieht deutliche Hautschuppen und es tritt ein unangenehmes Spannungsgefühl auf. Logischerweise denkt man an die trockene Haut und greift nach einer reichhaltigen Creme. Damit ist aber der Durst, den die Haut unter ihrer Fettschicht hat, nicht gelöscht und das Spannungsgefühl wird bleiben. Die sichtbaren Hautschuppen entstehen, weil die abgeschilferten Hornpartikelchen durch zähes Hautfett zusammen kleben und nicht wie bei der trockenen Haut wie Mehl unsichtbar abgeschilfert werden und einfach abfallen, ohne dass wir das merken.

Gemein ist auch eine trockene Haut, die durch hormonelle Probleme Unreinheiten bekommen hat. Das ist zwar nicht häufig, kommt aber doch immer mal wieder vor. Hier zur Pickelserie der Tochter zu greifen ist natürlich der falsche Weg. Jeder, der jenseits der Pubertät an Unreinheiten leidet, sollte seine Haut dem eigenen Hauttyp nach pflegen und nur die Pickelchen lokal behandeln.

Unterm Strich lässt sich sagen: Es gibt keine guten oder schlechten Cremes, es gibt nur die für mich richtige oder falsche Pflege. Das hat auch nichts mit dem Preis einer Creme zu tun. Die teuerste Creme wird mich nicht befriedigen, wenn sie nicht meinem Hautzustand und seinen Bedürfnissen entspricht. Und wie bei Parfums kann für eine Kundin natürlich auch die Marke, die Exclusivität und die seelischen Streicheleinheiten des Schönheitsrituals eine Rolle spielen, wenn ich einen Tiegel von Shiseido, Guerlain oder Dior im Bad stehen habe.

Ich wurde bei Parfumo immer mal nach Empfehlungen für Pflegeprodukte gefragt. Vielleicht ist mit diesem Blog ein bisschen erklärt, warum ich aus der Ferne keine Empfehlungen geben möchte und auch gar nicht geben kann. Die richtige Pflege zu finden, das muss jedem selbst überlassen bleiben und ich möchte jeden ermutigen, sich ausführlich beraten zu lassen und der Verkäuferin Löcher in den Bauch zu fragen. Dann wird sich sehr schnell zeigen, ob sie kompetent ist, oder nicht. Die gute Freundin kann vielleicht bei einem Parfum als Entscheidungshilfe nützlich sein. Bei Pflegeprodukten ist das ganz sicher nicht der Fall.


Bis zum nächsten Mal!


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